Das sind die Bedenken der Bürger beim Industriegebiet IGI – So reagiert der Zweckverband

Planer und Ingenieure wie hier Robert Geiß von Lars Consult (2.v.r) und Erwin Schmid (1.v.r) haben interessierten Bürgern denn aktuellen Stand des IGI-Bebaungsplans vorgestellt. (Foto: Andreas Spengler)

Lärm, Verkehr, Umweltbedenken: Die Liste möglicher Bedenken ist lang. Das geplante interkommunale Industriegebiet (IGI) im Rißtal stößt vor allem bei Anwohnern und Vertretern der Bürgerinitiative (BI) „Schutzgemeinschaft“ weiterhin auf Kritik. Bei einer Infoveranstaltung in Warthausen hat der Zweckverband, der das Gebiet entwickelt, nun mit Gegnern und Befürwortern über die wichtigsten Einwände und Fragen zum Bebauungsplan diskutiert. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse.

Flächenverbrauch: Von einem „Flächenkampf“ sprach der Vorsitzende der BI, Alfred Schlanser. Das Industriegebiet sei im Zielabweichungsverfahren mit einen Härtefall begründet worden. „Den Härtefall sehe ich allerdings schon längst bei den Landwirten“, sagte Schlanser. Die „Umweltzerstörung“ sei „verantwortungslos“. Ein anderer Besucher klagte, das Industriegebiet widerspreche „der christlichen Tradition“ und der Schöpfung.

Stadtplaner Bernd Munz von Lars Consult verwies hingegen darauf, dass im Bebauungsplan „eine sehr hochwertige Gestaltung vorgeschrieben“ sei. Außerhalb des Gebiets würden fast keine Flächen benötigt würden, weil der ökologische Ausgleich „nahezu vollständig“ vor Ort erfolgen könne. „Ich kenne kein Industriegebiet, dass das bislang geschafft hat.“ Für die Feldlerchen, die im Rißtal vorkommen, werde ein Ausgleich geschaffen, der Bodenabtrag zudem auf landwirtschaftlicher Fläche wieder aufgetragen. Biberachs Baubürgermeister Christian Kuhlmann erinnerte abermals an die Entwicklungsflächen, die Firmen in der Region benötigten. Und der IGI-Vorsitzende Mario Glaser verwies drauf, dass alle wesentlichen Entscheidungen zum IGI von demokratisch gewählten Gemeinderäten gefällt worden seien.

CO2-Neutralität: Der Warthauser Gemeinderat hat einen Antrag bereits abgelehnt, der vorgeschrieben hätte, dass das IGI vollständig CO2-neutral umgesetzt wird. Bei der Bürgerversammlung wurde das Thema erneut diskutiert. „Das ist das Mindeste, was man machen sollte“, befand ein Diskutant. Stadtplaner Munz erklärte, eine CO2-Neutralität könne nicht im Bebauungsplan vorgeschrieben werden. „Das würde den Plan angreifbar machen.“ Maselheims Bürgermeister Elmar Braun betonte aber, der Zweckverband prüfe Maßnahmen, um das Gebiet CO2-neutral zu entwickeln. „Wenn wir das hinbekommen, wäre es wirklich ein Leuchtturm-Projekt.“

Anwohner fürchten Verkehr und Lärm

Verkehr: Die bisherigen Verkehrsberechnungen beziehen meist einen möglichen Aufstieg zur B 30 mit ein. Doch viele Bürger äußerten Zweifel an einem schnellen Bau des Aufstiegs. Andere Lösungen müssten her, so die Forderung. „Es ist eine eine Frechheit, dass man mit so einem Industriegebiet anfängt, ohne einen konkreten Plan für ein Nahverkehrsnetz zu haben“, sagte ein Diskutant. Warthausens Bürgermeister Wolfgang Jautz verwies auf Planungen, nach denen der Busverkehr zwischen Warthausen und Biberacher verbessert werden könne. Details dazu sollen in Kürze im Gemeinderat vorgestellt werden.

Andere Anwohner der L 267 klagten, dass bereits heute der Verkehr belastend sei. „Wenn es jetzt schon so schlimm ist, wie soll ich dann in Zukunft jemals noch aus meinem Hof rausfahren können“, fragte eine Anwohnerin. Ingenieur Robert Geiß von Lars-Consult legte dar, dass der Ausbau des Industriegebiets schrittweise erfolge. Den Vorschlag eines Nachtfahrverbot für Lkws auf der L267 bewertete er als „eine Möglichkeit“. IGI-Vorsitzender Glaser stellte aber auch klar: „Es kommt definitiv mehr Verkehr auf eine Straße, die jetzt schon belastet ist.“ Wie man damit umgehe, müsste zum Teil noch im Verlauf der Planungen geklärt werden.

Lärm: Anwohner der nahen Karl-Arnold-Siedlung äußerten die Sorge, dass die Lärmgrenzwerte überschritten werden könnten. Architektin Monika Beltinger von Lars Consult erklärte, dass jeder Industriebetrieb mit einem Schallgutachten belegen müsse, dass er die Grenzwerte einhalte. Dies könne auch vom Landratsamt überprüft werden, sollten sich Anwohner gestört fühlen. „Wenn Betriebe sich nicht daran halten, drohen Auflagen.“

Umlegung: Für Kritik sorgte auch ein mögliches Umlegungsverfahren. Ein Bürger bezeichnete dies als „Enteignung“ des kleinen Bürgers. „Was ist denn, wenn ich als Landwirt mein Grundstück gar nicht verkaufen möchte?“ IGI-Vorsitzender Glaser antwortete: „Das hat mit Enteignung nichts zu tun.“ Schließlich sei das Verfahren grundgesetzkonform. Der Zweckverband, die Gemeinde Warthausen und die Firma Handtmann besitzen zusammen bereits etwas mehr als die Hälfte der Flächen für den ersten Bauabschnitt. Die übrigen Eigentümer habe er jeweils zu Einzelgesprächen eingeladen. Dabei soll es um die Frage gehen, zu welchen Konditionen die Eigentümer ihre Flächen verkaufen würden.

Protest: „Es geht doch nur ums Geld. Sehr bedauerlich, dass sich unsere Politiker vor den Karren spannen lassen“, kritisierte ein Bürger. BI-Vorsitzender Schlanser verwies auf ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen zur Frage des Eingemeindungsvertrags (SZ berichtete). „Wir lassen klären, ob der eingeklagt werden kann“, sagte er. Außerdem hätten Einzelpersonen der BI Petitionen beim Landtag gegen eine mögliche Lärmbelästigung und den Flächenverbrauch eingereicht.

Umsetzung: IGI-Vorsitzender Glaser bekräftigte den möglichen Termin für eine Erschließung ab Ende des Jahres 2021. Wie teuer diese werde, könne noch nicht gesagt werden. „Wir müssen eine wirtschaftlich zumutbare Erschließung hinbekommen“, betonte Biberachs Baubürgermeister Kuhlmann. „Denn den größten Teil bezahlen die Grundstückskäufer.“

30. Januar 2020

Redakteur

Lesedauer: 7 Min

© 2020 Schwäbische Zeitung

Zum → Originalbeitrag